Mietwohnungen

In der Aufbaujahren nach der Kriegszeit wurde in Heiligenhafen Wohnraum für eine auf das dreifache gestiegene Einwohnerzahl benötigt. Dafür entstand östlich der Stadt bei der „Warteburg“ sogar der neue Ortsteil „Ortmühle“, die sogenannte Fischersiedlung — eine neue Heimat für so viele Familien, die mit ihren Kuttern von Osten kommend hierher kamen. Ebenso wuchs die Bebauung nach Süden vom alten Ortskern ausgehend den Hang der Endmuränenlandschaft hinauf. Dazwischen wuchsen verschiedene Kleingartengelände, um der Bevölkerung eine bessere Eigenversorgung zu ermöglichen.
So gibt es heute entlang der „Feldstraße“ oder bezeichnenderweise an der „Postlandstraße“ viele große Block-Gebäude, die in den 50er und 60er Jahren im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus geschaffen wurden. Diese wurden u.a. für die Bediensteten der Post, der Bahn wie auch der Besatzungen der Fährschiffe zunächst von Großenbrode nach Gedser, dann von Puttgarden nach Rödby oftmals über die Versorgungswerke dieser großen einstigen Bundesbetriebe geschaffen. Hinzu kamen diverse Programme des sozialen Wohnungsbau.

Heute hat im Zuge der wachsenden Entsolidarisierung der Gesellschaft und zunehmenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche eine Abkehr von der den Menschen verpflichteten Wohnungsversorgung stattgefunden. So werden, geprägt durch die Bezeichnung „Heuschrecken“ infolge einer Äußerung in 2005 des damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefehring, heute ganze Wohnungspakete in Tausender-Größen von einem zum nächsten Investor verkauft und verschoben.

Diese Prozesse der Globalisierung des Kapitals schlagen längst bis hinunter auf die hiesige Wohnungssituation in Heiligenhafen durch. So haben wir bedeutende Wohnungsbestände in der Stadt, in denen nicht wenige Mieter heute nicht mehr wissen, wem denn gerade der Wohnblock gehört, in dem sie leben, oder wer der zuständige Vermieter ist. Ja, es gibt auch positive Beispiele unter den regional verankerten Wohnungsgesellschaften, aber leider auch sehr unbefriedigende Zustände für zu viele hier lebende Menschen.

So habe ich im Laufe der Jahre mehreren Menschen beigestanden, die nicht mehr ein und aus wußten: Die kleine Rente stagniert, die Mieten steigen beständig, die „bösen “ Nachbarn heizen (aus Unkenntnis!?) zum Fenster heraus  –vielleicht bezahlt ja auch „das Amt“ deren Miete–, die Nebenkosten steigen deshalb unentwegt, Energiekosten zeigen grundsätzlich nur in eine Richtung, die Hausmeister –wenn es denn einen gibt– tun auch nichts (Anm.: man läßt sie nicht, entzieht ihnen den Etat für Gerät und Material…), eine subjektiv als aussichtslos erlebte Situation!

Gehen Sie zum Anwalt, wenn Sie schon nicht genug haben um neben den Mietkosten auch noch ein bißchen mehr als nur den Kanten Brot auf dem Küchentisch zu haben?
Zum Amt betteln gehen wollen Sie aus Stolz und/oder zugleich aus Scham auch nicht, die Gesundheit erlaubt keinen Mini-Nebenjob mehr…
Aber zum Schließen der Rentenlücke sollen junge Familien selbst „Vermögen aufbauen“ – wie soll das gehen? Wissen Sie um die eklatante Armutsquote unter Kindern und Jugendlichen? Kinder sind heute ein finanzielles Risiko erster Ordnung, toll…

Hier als PDF finden sie –zum Schutze des betroffenen Mieters anonymisiert–  einen einzigen der etlichen Briefe, mit denen ich Beistand leisten konnte. So etwas sollte strukturiert denkbar auch vom Rathaus organisiert werden um zu verhindern, dass Zuschüsse aus den städtischen Sozialetats letztlich direkt an die Börse durchgereicht werden. Wenn da den in Bedrängnis geratenden Menschen Hilfe zuteil wird, könnte es für die miesen unter den Großbestandsvermietern unattraktiv werden, noch weiterhin aus vernachlässigten Kästen Renditen zu ziehen. Diese Bestände dürften zügig wieder abgestoßen werden. Und da kann ein zielführender Ansatzpunkt liegen: Ist der nächste Bestandseigentümer ein noch skrupelloserer Verein, oder könnte da die Stadt Heiligenhafen übernehmen? Es dürfte sich rechnen, zumal Geld derzeit kaum noch etwas kostet, und soziale Hilfen nicht verloren sind sondern in den Bestandswert der erworbenen „Schrott-Immobilien“ fließen. Und wenn das schmale Geld der betroffenen Haushalte nicht mehr zum Fenster heraus geheizt wird, hätten wir unmittelbar positive Auswirkungen für die Kaufkraft in der Stadt.

Solche Zusammenhänge müssen verstanden und strukturell umgesetzt werden. Finden sich  derlei Konzepte in den per Gutachten zugekauften teuren Masterplänen zur Innenstadtbelebung? Wenn den kleinen Haushalten in der Breite mehr Luft bleibt, würden wir gewiss auch belebende Auswirkungen auf so manches haben.
Das nenne ich „die Menschen mitnehmen“!